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Ich beiße die Zähne auf einander und spott über mein Elend, und spottete derer doppelt und
dreifach, die sagen könnten, ich sollte mich resignieren, und weil es nun einmal nicht anders sein
könnte. --schafft mir diese Strohmänner vom Halse!--ich laufe in den Wäldern herum, und wenn ich zu
Lotten komme, und Albert bei ihr sitzt im Gärtchen unter der Laube, und ich nicht weiter kann, so
bin ich ausgelassen närrisch und fange viel Possen, viel verwirrtes Zeug an. --"um Gottes willen",
sagte mir Lotte heut, "ich bitte Sie, keine Szene wie die von gestern abend! Sie sind fürchterlich,
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wenn Sie so lustig sind".--Unter uns, ich passe die Zeit ab, wenn er zu tun hat; wutsch! Bin ich
drauß, und da ist mir's immer wohl, wenn ich sie allein finde.
Am 8. August
Ich bitte dich, lieber Wilhelm, es war gewiß nicht auf dich geredet, wenn ich die Menschen
unerträglich schalt, die von uns Ergebung in unvermeidliche Schicksale fordern. Ich dachte
wahrlich nicht daran, daß du von ähnlicher Meinung sein könntest. Und im Grunde hast du recht. Nur
eins, mein Bester! In der Welt ist es sehr selten mit dem Entweder-Oder getan; die Empfindungen
und Handlungsweisen schattieren sich so mannigfaltig, als Abfälle zwischen einer Habichts--und
Stumpfnase sind.
Du wirst mir also nicht übelnehmen, wenn ich dir dein ganzes Argument einräume und mich doch
zwischen dem Entweder-Oder durchzustehlen suche.
Entweder, sagst du, hast du Hoffnung auf Lotten, oder du hast keine. Gut, im ersten Fall suche
sie durchzutreiben, suche die Erfüllung deiner Wünsche zu umfassen: im anderen Fall ermanne dich
und suche einer elenden Empfindung los zu werden, die alle deine Kräfte verzehren muß.--Bester!
Das ist wohl gesagt, und--bald gesagt.
Und kannst du von dem Unglücklichen, dessen Leben unter einer schleichenden Krankheit
unaufhaltsam allmählich abstirbt, kannst du von ihm verlangen, er solle durch einen Dolchstoß der
Qual auf einmal ein Ende machen? Und raubt das Übel, das ihm die Kräfte verzehrt, ihm nicht auch
zugleich den Mut, sich davon zu befreien?
Zwar könntest du mir mit einem verwandten Gleichnisse antworten: wer ließe sich nicht lieber den
Arm abnehmen, als daß er durch Zaudern und Zagen sein Leben aufs Spiel setzte?--Ich weiß nicht!--
Und wir wollen uns nicht in Gleichnissen herumbeißen. Genug--ja, Wilhelm, ich habe manchmal so
einen Augenblick aufspringenden, abschüttelnden Muts, und da--wenn ich nur wüßte wohin, ich ginge
wohl.
Abends
Mein Tagebuch, das ich seit einiger Zeit vernachlässiget, fiel mir heut wieder in die Hände, und ich
bin erstaunt, wie ich so wissentlich in das alles, Schritt vor Schritt, hineingegangen bin! Wie ich
über meinen Zustand immer so klar gesehen und doch gehandelt habe wie ein Kind, jetzt noch so
klar sehe, und es noch keinen Anschein zur Besserung hat.
Am 10. August
Ich könnte das beste, glücklichste Leben führen, wenn ich nicht ein Tor wäre. So schöne Umstände
vereinigen sich nicht leicht, eines Menschen Seele zu ergetzen, als die sind, in denen ich mich
jetzt befinde. Ach so gewiß ist's, daß unser Herz allein sein Glück macht. --ein Glied der
liebenswürdigen Familie zu sein, von dem Alten geliebt zu werden wie ein Sohn, von den Kleinen
wie ein Vater, und von Lotten! --dann der ehrliche Albert, der durch keine launische Unart mein
Glück stört; der mich mit herzlicher Freundschaft umfaßt; dem ich nach Lotten das Liebste auf der
Welt bin!--Wilhelm, es ist eine Freude, uns zu hören, wenn wir spazierengehen und uns einander
von Lotten unterhalten: es ist in der Welt nichts Lächerlichers erfunden worden als dieses Verhältnis,
und doch kommen mir oft darüber die Tränen in die Augen.
Wenn er mir von ihrer rechtschaffenen Mutter erzählt: wie sie auf ihrem Todbette Lotten ihr Haus
und ihre Kinder übergeben und ihm Lotten anbefohlen habe, wie seit der Zeit ein ganz anderer
Geist Lotten belebt habe, wie sie, in der Sorge für ihre Wirtschaft und in dem Ernste, eine wahre
Mutter geworden, wie kein Augenblick ihrer Zeit ohne tätige Liebe, ohne Arbeit verstrichen, und
dennoch ihre Munterkeit, ihr leichter Sinn sie nie dabei verlassen habe.--Ich gehe so neben ihm
hin und pflücke Blumen am Wege, füge sie sehr sorgfältig in einen Strauß und--werfe sie in den
vorüberfließenden Strom und sehe ihnen nach, wie sie leise hinunterwallen.--Ich weiß nicht, ob ich dir
geschrieben habe, daß Albert hier bleiben und ein Amt mit einem artigen Auskommen vom Hofe
erhalten wird, wo er sehr beliebt ist. In Ordnung und Emsigkeit in Geschäften habe ich wenig
seinesgleichen gesehen.
Am 12. August
Gewiß, Albert ist der beste Mensch unter dem Himmel. Ich habe gestern eine wunderbare Szene
mit ihm gehabt. Ich kam zu ihm, um Abschied von ihm zu nehmen; denn mich wandelte die Lust
an, ins Gebirge zu reiten, von woher ich dir auch jetzt schreibe, und wie ich in der Stube auf und
ab gehe, fallen mir seine Pistolen in die Augen.--"Borge mir die Pistolen", sagte ich, "zu meiner
Reise".--"Meinetwegen", sagte er, "wenn du dir die Mühe nehmen willst, sie zu laden; bei mir hängen
sie nur pro forma".--Ich nahm eine herunter, und er fuhr fort: "seit mir meine Vorsicht einen so
unartigen Streich gespielt hat, mag ich mit dem Zeuge nichts mehr zu tun haben".--Ich war
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neugierig, die Geschichte zu wissen.--"Ich hielt mich", erzählte er, "wohl ein Vierteljahr auf dem
Lande bei einem Freunde auf, hatte ein paar Terzerolen ungeladen und schlief ruhig. Einmal an
einem regnichten Nachmittage, da ich müßig sitze, weiß ich nicht, wie mir einfällt: wir könnten überfallen
werden, wir könnten die Terzerolen nötig haben und könnten--du weißt ja, wie das ist.--ich gab sie dem
Bedienten, sie zu putzen und zu laden; und der dahlt mit den Mädchen, will sie schrecken, und Gott
weiß wie, das Gewehr geht los, da der Ladstock noch drin steckt, und schießt den Ladstock einem
Mädchen zur Maus herein an der rechten Hand und zerschlägt ihr den Daumen. Da hatte ich das
Lamentieren, und die Kur zu bezahlen obendrein, und seit der Zeit lass' ich alles Gewehr
ungeladen. Lieber Schatz, was ist Vorsicht? Die Gefahr läßt sich nicht auslernen! Zwar.--Nun weißt
du, daß ich den Menschen sehr lieb habe bis auf seine Zwar; denn versteht sich's nicht von selbst,
daß jeder allgemeine Satz Ausnahmen leidet? Aber so rechtfertig ist der Mensch! Wenn er glaubt,
etwas Übereiltes, Allgemeines, Halbwahres gesagt zu haben, so hört er dir nicht auf zu limitieren, zu
modifizieren und ab--und zuzutun, bis zuletzt gar nichts mehr an der Sache ist.
Und bei diesem Anlaß kam er sehr tief in Text: ich hörte endlich gar nicht weiter auf ihn, verfiel in
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